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Technik => Ténéré 700 => Thema gestartet von: Moppedcafe am 18. November 2025, 20:11:33

Titel: Zylinderkopfmontage - Verständnisfrage an die Schrauberprofis
Beitrag von: Moppedcafe am 18. November 2025, 20:11:33
Ahoi Ihr Lieben,

bin beim Stöbern im Reparaturhandbuch mehr zufällig am Thema Zylinderkopfmontage hängen geblieben. Bezüglich der Anzugsmomente bzw. eigentlich mehr bezüglich der konkreten Arbeitsschritte - verstehe ich das richtg, dass:

1) Gemäß Anzugsreihenfolge zuerst mit sachten 10 Nm alle Schrauben 1-6 angezogen werden
dann
2) in derselben Reihenfolge diese Schrauben mit/auf 40 Nm nachgezogen werden
dann alles wieder lösen(!?), um
3) alle Schrauben 1-6 erneut jetzt mit 20 Nm anzuziehen
und dann nochmal final jeweils *zusätzlich* um jeweils 90° weiterzudrehen, quasi auf "endfest"?

Irgendwie interessant, zumindest ist mir bis dato eine solche Anzugsvorschrift für ein Zylinderkopf noch nicht untergekommen - sofern ich das Handbuch richtig interpretiere. Daher meine Frage an die Schrauberprofis in der Runde ob ich da richtig liege...

IMG_1337-1.jpg

Danke und LG!
Andi

Titel: Antw:Zylinderkopfmontage - Verständnisfrage an die Schrauberprofis
Beitrag von: Thommy am 18. November 2025, 20:57:52
Hallo Andi,

das könnte dazu dienen daß sich die ZKD "setzt" bevor der Koof endgültig festgezogen wird.

Grüße
Thommy
Titel: Antw:Zylinderkopfmontage - Verständnisfrage an die Schrauberprofis
Beitrag von: Sartene am 18. November 2025, 21:05:38
...so kurios das klingt....im PKW-Motoren Bereich wird es Teilweise noch viel wilder mit dem Anziehen...ganz besondere Reihenfolge.....Lösen, Anziehen.....und am Ende zusätzlich zum DM noch ne Viertel oder Halbe Drehung dazu...

Diese Art des Anziehens der Schrauben des Zylinders, Zylinderkopfes soll ein Verziehen des Motors verhindern.....bei dem Leichtbau heute durchaus möglich...

Kaleu  /tuar/

 /tewin/

Titel: Antw:Zylinderkopfmontage - Verständnisfrage an die Schrauberprofis
Beitrag von: Moppedcafe am 19. November 2025, 16:21:05
Zitat von: Sartene am 18. November 2025, 21:05:38...so kurios das klingt....im PKW-Motoren Bereich wird es Teilweise noch viel wilder mit dem Anziehen...ganz besondere Reihenfolge.....Lösen, Anziehen.....und am Ende zusätzlich zum DM noch ne Viertel oder Halbe Drehung dazu...
[....]
Das entspricht demnach genau dem was im Werkstatthandbuch geschrieben steht bzw. wie ich das verstanden habe. Lieben Dank für die Bestätigung.  /beer/
(Bei den 600er Einzylinder werden die Kopfschrauben einfach nur schrittweise über Kreuz angezogen bis zum Enddrehmoment. Da gibt es solche Besonderheiten nicht.)

LG Andi
Titel: Antw:Zylinderkopfmontage - Verständnisfrage an die Schrauberprofis
Beitrag von: Mille am 19. November 2025, 18:30:29
Moin,

Ist ja beim alten Motor auch nicht viel anders. Bzw. Ab dem TDM Motor gleich. Ganz üblich so.  /beer/

LG Mille
Titel: Antw:Zylinderkopfmontage - Verständnisfrage an die Schrauberprofis
Beitrag von: tam91 am 20. November 2025, 21:32:40
Hallo
das mit dem wieder lösen kannte ich bisher noch nicht.
Das wildeste in der Richtung war bei den alten VW 1,6 Liter Dieseln: erst 40Nm Kalt, dann 60 Nm, dann 180° weiterdrehen. Motor warmfahren und nocchmal 90° weiterdrehen. Und jetzt kommts nach ca. 1000km nochmal 90° weiterdrehen. Schon bei der ersten Winkelstufe steigt der Wiederstand nicht mehr an, man ist also im elastischen Bereich. Insgesamt wird die Schraube also eine Umdrehung langgezogen also 1,25 mm vorgespannt und das bei ca. 12cm Länge. Ich hab da immer drauf gewartet das da eine Reißt und dann mitsamt Nuß in der Decke steckt.
Gruß
Christoph   
Titel: Antw:Zylinderkopfmontage - Verständnisfrage an die Schrauberprofis
Beitrag von: harbo am 20. November 2025, 23:42:47
und warum der ganze Aufwand mit den Anzugsmomenten...
hier vielleicht ein paar ca. Zahlen.

z.B. bei der T700

Verdichtung ca. 11:1 = ca. Druck 27bar (gerundet 27kg/cm2
Kolben 80mm Durchmesser = 50,25 cm2
2 Zylinder 100,5 cm2

27x100,5 = 2713,5 kg also rund 2,7t pro Verbrennungstakt

Da haut also einer mit dem dicken Hammer mehrere tausendmal pro Minute von unten gegen den Kopf.

Ist schon beachtlich, was die Schrauben so aushalten müssen bei dieser dynamischen Belastung.

Deswegen werden bei hochverdichteten Motoren auch Dehnschrauben, welche nur einmal verwendet werden dürfen, verwendet.
Diese werden bis in die bleibende Dehnung angezogen und nehmen die dynamischen Kräfte auf, ohne abzureißen.

Übrigens ist Belastung bei Diesel-Motoren (ohne Turbo) gut doppelt so hoch, da hier die Verdichtung wesentlich höher ist.
(Turbo-Motoren haben der  besserer Klopfestigkeit zuliebe, ein geringeres Verdichtunsverhältnis)

Ich persönlich finde es immer wieder faszinierend, dass ein Motor so viel tausende von Stunden / Km hält.

 /beer/

PS: ..und ja, ich weiß man sollte BAR bzw. pascale nicht so einfach in kg umrechnen ;)
und ich weiß auch, dass der Druck im Moment der Verbrennung noch einmal um ein Mehrfaches ansteigt, doch nur sehr kurz, da der Kolben nach unten "ausweicht"  ;)

Titel: Antw:Zylinderkopfmontage - Verständnisfrage an die Schrauberprofis
Beitrag von: RichiH am 21. November 2025, 04:58:57
Die Verbrennung findet nicht in beiden Zylindern zeitgleich sondern abwechselnd statt.

Und ja, Newton etc pp, aber näherungsweise ist "haut fest rein" sicherlich physikalisch korrekt.
Titel: Antw:Zylinderkopfmontage - Verständnisfrage an die Schrauberprofis
Beitrag von: harbo am 21. November 2025, 05:18:22
...aber keine Bange um die Schrauben  ;)

Am Beispiel einer einfachen 8.8 Festigkeitsklasse
M10 Schraube mit Regelgewinde (Steigung 1,5)

Die Streckgrenze (Zeitpunkt in der die Schraube in die bleibende Dehnung übergeht )  liegt bei 640N/mm2
Bei 800N/mm2 ist die Zugfestigkeit dann erreicht und bricht.

Mit einem Kerndurchmesser von 8.5mm ist die Fläche dann 56,75mm2

56,75 x 640 = 36,3 kN ...(entspricht 3701kg)

Bei 8 Schrauben im Zyl.kopf sind es dann 29,6 t

Es sind also noch ein paar "Reserven" vorhanden  ;D

/beer/
Titel: Antw:Zylinderkopfmontage - Verständnisfrage an die Schrauberprofis
Beitrag von: harbo am 21. November 2025, 05:35:37
Zitat von: RichiH am Gestern um 04:58:57Die Verbrennung findet nicht in beiden Zylindern zeitgleich sondern abwechselnd statt.

Und ja, Newton etc pp, aber näherungsweise ist "haut fest rein" sicherlich physikalisch korrekt.

Jepp.... Da hast du natürlich völlig recht.... die Verbrennung je nach Motorart, findet zwar nicht in beiden gleichzeitig statt, der Auslasstakt drückt aber auch nicht schlecht ;)

Hier eine schöne gif Datei von Griesgram999 dazu.

https://griesgram999.wordpress.com/wp-content/uploads/2017/11/straight-twin_engine_with_different_crank_shaft_angles.gif

 /beer/
Titel: Antw:Zylinderkopfmontage - Verständnisfrage an die Schrauberprofis
Beitrag von: Ede am 21. November 2025, 08:57:55
Zitat von: harbo am 20. November 2025, 23:42:47Übrigens ist Belastung bei Diesel-Motoren (ohne Turbo) gut doppelt so hoch, da hier die Verdichtung wesentlich höher ist.
(Turbo-Motoren haben der  besserer Klopfestigkeit zuliebe, ein geringeres Verdichtunsverhältnis)
Und was macht der Turbo? Er drückt Luft in den Verbrennungsraum. Damit ist wohl die geringere Verdichtung gegenüber dem Sauger mehr als ausgeglichen. ;)